Afrikanische Kinderstiftung mit LHL in Uvira gegründet

Was ist eigentlich aus dem Schulkreideprojekt in Uvira geworden, welches 2015 und 2016 vom Entwicklungshilfeministerium (BMZ) gefördert wurde? Ganz kurz: Eine heimische Schulkreideproduktion sollte mit dem erhofften Profit zunächst eine Gehörlosenschule fördern. In der Provinz Südkivu wurde bis dahin ausschließlich importierte Schulkreide aus China in den Schulen genutzt. Leider waren die Baukosten für das Produktionsgebäude aus dem Ruder gelaufen, sodass für die Anschubfinanzierung der Produktion nicht genug zur Verfügung stand. Schließlich wurde auch noch der Projektleiter krank und die Produktion kam zum Erliegen. Aber der Abschlussbericht für das BMZ musste abgeliefert werden... Was tun?  LHL entschloss sich zu einem radikalen Schritt: Wir nahmen die Produktion in die eigenen Hände mit einigen Freunden in Uvira und installierten einen jungen Universitätsabsolventen in Betriebswirtschaft als Chef, der dann auch mit frischem Schwung nicht nur die Produktion in Gang brachte, sondern auch eine gute Leistung beim Marketing in den Schulen bewirkte. So ist in den letzten beiden Jahren mit einigen technisch bedingten Unterbrechungen Schulkreide produziert worden.

Die Unterbrechungen geschahen, weil die Beschaffung des Kreidepulvers sich schwierig gestaltete. Wir haben zweimal Nachschub in Darasselam gekauft und einmal in Kampala, dies hat jeweils zu Unterbrechungen von vielen Wochen geführt, weil wir zu spät einkauften und der Transport viel Zeit und Geld benötigte. Dazu kam, dass beim Kauf in Kampala von 100 Säcken nur 39 geliefert wurden. Am Ende stellte sich heraus, dass wir um den Wert der restlichen 61 Säcken betrogen worden waren. Angeblich von einem Agenten in Kampala, aber offenbar waren auch Leute in Uvira involviert. Diese Sache ist derzeit in Uvira bei einem Rechtsanwalt und soll vor Gericht kommen. Eine der beschuldigten Personen wurde offenbar verhaftet. All dies geschah im Herbst 2018. Ein anderer Mitarbeiter musste im Februar 2019 entlassen werden, da er nicht alle Verkaufserlöse abgeliefert hatte. Wir hatten ihn sozusagen "in flagranti" erwischt. All dies hat die Entwicklung der jungen Firma, die bisher noch „grau“, also ohne offizielle Registrierung, arbeitete, behindert. Dazu stand uns die „DGI“ im Nacken, also das kongolesische Finanzamt mit den Sozialversicherungen, welche reichlich Strafe forderten, da wir die Mitarbeiter noch nicht angemeldet hatten. Hätten wir diese Beträge wirklich zahlen müssen, wäre die Schulkreidefirma sofort pleite gewesen…

Dazu haben wir in den letzten zwei Jahren ungefähr 25.000 Dollar in den Betrieb investieren müssen, vor allem für den Kauf des Kreidepulvers, für zwei neue Kreidemaschinen, für ein Moped für den Vertrieb... Dann musste auch noch eine Mauer zum Erosionsschutz gebaut werden, da sonst beim nächsten Hochwasser des nebenan in der Regenzeit fließenden Baches das Gebäude eingestürzt wäre.

 

Hier hat uns die deutsche Stiftung Demokratie im Alltag großzügig unterstützt. Außerdem entstand mit dem Starkregen im Mai 2018 nicht nur „unsere“ Erosion, sondern in einem anderen Stadtteil Uviras kamen massenhaft große Wackersteine die Berge herunter, zerstörten einige Wohnhäuser und versperrten die Straßen. Was dort für manche ein Unglück, war für uns ein Glück: Unsere Jugendgruppe von den „Marafiki wa Mazingira“ (Naturschutzjugend) sammelte vieler dieser Steine mit denen die Stützmauer relativ preisgünstig errichtet werden konnte.

Seit dem Besuch von Heinz Rothenpieler im August 2018 hat der Rechtsanwalt Amimu geprüft, in welche Gesellschaftsform die Schulkreidefirma gebracht werden sollte: also eine richtige Firma mit beschränkter Haftung oder eine andere Form? Seine Empfehlung war schließlich die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung, in welche wir diese Produktion einbringen könnten. Im Kongo dürfen Stiftungen operativ tätig sein und somit fanden beim Besuch von LHL-Vorsitzendem Heinz Rothenpieler im Februar 2019 mit den bisher Beteiligten: Matthieu Kisose von der Gehörlosenschule, Pfarrer Dimitri Riziki von der Organisation St. Basile zur Entwicklung des Ostkongo, Jean-Francis Isla von der franziskanischen Gemeinschaft, Rechtsanwalt Amimu und den beiden leitenden Mitarbeitern, Beratungen zur Gründung einer Stiftung statt.

Offen war schließlich noch der Name. Doch auch dieser war bald gefunden. Die Stiftung wird „Fondation Enfants l'Afrique“ heissen, also: „Afrikanische Kinderstiftung“. In der lokalen Kisuaheli-Sprache klingt dies so: Watoto Wa Msingi Ya Afrika. Im siebenköpfigen Stiftungsrat sitzen nun schön ökumenisch evangelische, katholische und orthodoxe Mitglieder. Wir sind uns einig, dass ein Teil der hoffentlich sich bald einstellenden Profite in der Zukunft zugunsten der Blinden und Taubstummen der benachbarten Schule verwendet werden sollen. Derzeit müssen aber noch einige Kredite zurückgezahlt werden, mit denen die Investitionen finanziert wurden. Das Stiftungsziel ist allerdings weiter gefasst, sodass hoffentlich in Zukunft noch weitere handwerkliche Aktivitäten möglich sind. Unter anderem soll dann als Ziel "Förderung von armen Familien" sein und zwar zunächst mit Schulgeld, was Sinn macht, weil die Einnahmen ja von Schulen stammen. Besonders erfreulich ist, dass die DGI, also das Finanz- und Sozialversicherungsamt, der Stiftung wegen der Gemeinnützigkeit besonders günstige Tarife anbietet und somit auch dieses Problem bald gelöst ist. Die Schulkreide ist inzwischen in der Region unter dem Namen „HOCI“ eingeführt, auch durch verschiedene Sendungen des Lokalradios und seit die Schulen einigermaßen zuverlässig beliefert werden, haben sie auch ihr Bestellverhalten geändert.

Früher bestellten sie im September zum Schulbeginn den gesamten Bedarf für das Schuljahr. Für uns war das schwierig, weil wir während des gesamten Jahres Einnahmen benötigten. Inzwischen bestellen die Schulen nach Bedarf, sodass jeden Monat Einnahmen verbucht werden können. Generell wird mit einem Zahlungsziel von einem Monat gearbeitet, d.h. einen Monat nach Lieferung zahlen die Schulen. Versorgt werden inzwischen Schulen im gesamten Ruzizi-Plateau inkl. Uvira.

Sobald uns gelingt, auch in Bukavu und in der Nachbarschaft (über die Franziskaner) den Vertrieb zu organisieren, dürften sich die Einnahmen wesentlich erhöhen. Dazu muss allerdings auch eine ausreichende Produktion vorliegen. Der Vertrieb wird derzeit mit dem Mofa besorgt, was durchaus abenteuerlich aussieht, aber in Uvira nichts Ungewöhnliches ist.

Wir hoffen, demnächst über eine Zementfabrik im Südkivu das Kreidepulver zu einem Drittel der bisherigen Kosten und dazu ohne Zoll beziehen zu können. Erste Gespräche haben schon stattgefunden. Für die Zementfabrikation wird das gleiche "Gypsum" benötigt. Sollte die Probelieferung eine ähnliche Qualität haben wie das bisherigen Kreidepulver, dann hätten wir dadurch in Zukunft eine erhebliche Kosteneinsparung. All dies konnte durch Beratung mit Chemikern erreicht werden. Somit scheint die Produktion gesichert zu sein. In den nächsten Monaten sollen dann endlich auch zwei ehemalige Schüler der Blinden-und Taubstummenschule eingestellt werden. An einigen wenigen Stunden im Monat helfen die derzeitigen kleinen Blinden- und Taubstummenschüler beim Verpacken der Schulkreide etwas mit, wofür sie dann "Bonbons" bekommen.

Die Kinder machen das gerne, auch wenn sie nicht regelmäßig und nicht systematisch mithelfen können und müssen. So kann demnächst diese Kreideproduktion in einem offiziellen Rahmen fortgeführt werden und dass dann bald auch ein Erlös zugunsten der bedürftigen Kinder von den Mitarbeitern erwirtschaftet wird. Doch soweit sind wir noch nicht, außer, wir fänden noch einige Investoren, welche der Firma HOCI Gelder zur Ausweitung der Produktion gäben...

5.11.19

Leider war das Kreidepulver der Zementfabrik nicht geeignet, weil zu grobkörnig für die Herstellung von Schulkreide. Dies war sehr bedauerlich. Leider haben wir keine Mühle, welche uns daraus ein "Kreidemehl" hätte produzieren können. Wir sind also nach wie vor auf Importe aus Kenia angewiesen. Das Kreidepulver stammt aus dem Nahen oder Fernen Osten.