Weihnachtsrundbrief 2016 für alle Tschad-Freunde

Vechta im Advent 2016

Die Republik Tschad liegt weit abseits der Touristenströme, das Land erscheint ganz selten einmal in den täglichen Nachrichten. Darum haben wir auch noch nicht bemerkt, dass das Land seit Monaten eine unglaublich schwere wirtschaftliche Krise erlebt. Nicht zuletzt ist sie bedingt durch die mittlerweile kärglichen Erlöse aus dem Verkauf von Rohöl, aus dem das Land seit über 10 Jahren seine wesentlichen Einnahmen erzielt.

Ein überdeutliches Zeichen der Krise: seit September, also seit den Sommerferien, hat noch keine einzige Schule im Lande den Betrieb wieder aufgenommen. Warum? Die Lehrer und alle öffentlich Bediensteten streiken, weil die Vergütung schon seit Monaten ausbleibt. Öffentliche Institutionen haben den Betrieb vollständig eingestellt.

Im Tschad, welcher wegen Korruption und vielen anderen Hindernissen zu den allerärmsten Ländern der Welt gehört, steht u.a. zu befürchten, dass – wie in den 90er Jahren - wieder ein ganzes Schuljahr ausfallen wird. Alles, was wir

von LHL in dieser Situation tun können, ist im Rahmen unserer Möglichkeiten Solidarität zeigen, Mut machen. Da gibt es z.B. einen Lebensbereich, wo man mit relativ geringem Einsatz wahre Wunder erzielen kann.

Niemand von uns möchte abends nach Einbruch der Dunkelheit im dunklen Zimmer hocken. Aber genau das ist der Alltag für so gut wie alle Menschen in Benoye und Umgebung. Überall in den Tropen geht die Sonne um 6 Uhr morgens auf, sie geht aber auch schon jeden Tag um 18 Uhr abends mit ganz kurzer Dämmerung unter. Für abends helfen dann nur noch Taschenlampen, für die man regelmäßig Batterien kaufen muss.

Wäre es da nicht eine perfekte Lösung, wenn man eine Lampe hätte, die man tagsüber immer wieder mit Sonnenenergie auftanken könnte? Genau diese Möglichkeit bietet der Typ VILLAGEBOOM, eine Lampe, mit deren Akku sich auch noch Handys aufladen und kleine Radios betreiben lassen. Dieser Lampentyp hat sich schon an vielen Stellen in Afrika bewährt. Er ist überall heiß begehrt und erfreulich preisgünstig.

Schon lange haben wir nach einer Lösung gesucht, den Schülerinnen und Schülern des Collège de l’Amitié zu helfen, auch nach Einbruch der Dunkelheit noch lesen oder Hausaufgaben machen zu können. Eine Villageboom-Lampe kostet insgesamt zwar nur etwa € 15, aber kaum eine Familie kann so viel Geld aufbringen. Darum beschlossen wir, dem Collège 120 Lampen zur Verfügung zu stellen, die dann gegen eine ganz kleine Mietgebühr an die Schülerinnen und Schüler ausgeliehen werden.

Unerwartet bot sich noch die Chance einer zollfreien Einfuhr. Im November 2015 nutzten G. Schneider und ich die Gelegenheit, in Berlin den für die Region Benoye zuständigen tschadischen Parlamentsabgeordneten Nasse’Guengar zu sprechen. Er war bereit dafür zu sorgen, dass die Sendung von Villageboom-Lampen für das Collège de l’Amitié in Benoye zollfrei in den Tschad importiert werden könne.

Leider kam es anders. Zwar erreichte Anfang März die Ladung plangemäß den Flughafen der Hauptstadt N’Djamena. Doch gelang es den Zöllnern, die Auslieferung über Monate zu verschleppen, so dass die Lampen erst im August in Benoye ankamen, und auch von einer Zollbefreiung konnte nicht mehr die Rede sein. Das war schon frustrierend, aber wir wußten, wie sehnsüchtig die Lampen erwartet wurden.

Die VILLAGEBOOM-Lampen wurden Anfang September an Schülerinnen und Schüler ausgeliehen. Unsere stille Hoffnung ist, dass noch mehr Schülerinnen und Schüler die Abschlußklasse mit guten Leistungen erreichen und das Abschlußexamen glänzend bestehen.

Der Koordinator von JARABE, E. Djenarmbaye, hatte berichtet, dass die Nachfrage nach Villageboom-Lampen mit einer Leuchtkraft von 200 Lumen und einem Preis von etwa € 20 sehr groß sei. Dies veranlasste uns, weitere 120 Lampen nach Benoye zu schaffen, deren Erlös dann in die Kasse der Schule fließen sollte. Aber auch dieser Plan ging bisher nicht auf, dieses Mal wegen der schon angedeuteten aktuellen wirtschaftlichen Krise im Tschad.

Wir können auch noch von einem anderen Erfolg berichten. Der Partnerverein JARABE besitzt zwar mitten in Benoye ein CENTRE CULTUREL, welches aber im Wesentlichen aus einem größeren mit einer Mauer umgebenen Hof besteht. Eine kleine PV-Anlage, die sich auf einem kleinen Bürogebäude befindet, liefert Strom für einen Computer und einen Drucker. Auch ein kleiner Fernseher mit einer Satellitenschüssel gehört zur Einrichtung. Das CENTRE besteht seit 2002, als es mit Hilfe von LHL e.V. eingerichtet wurde. Es hat sich zum bevorzugten Treffpunkt in Benoye entwickelt, nicht zuletzt, weil es genügend Stühle dort gibt. Was bisher gefehlt hat, war ein größerer Raum, in dem man sich unabhängig von Wetter und Tageszeit treffen kann.

Unser erster Antrag auf Förderung des Baus eines größeren Vereinsheimes in Verbindung mit einer größeren PV-Anlage wurde bedauerlicherweise von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung in Hannover abgelehnt. Unverdrossen haben wir einen neuen Antrag nur für das Gebäude gestellt, was dann wirklich von der Bingo-Umweltstiftung auch mit € 10.000 gefördert wurde.

Nach dem positiven Förderbescheid Ende April 2016 begannen umgehend die Arbeiten in Benoye - wir erhofften die Fertigstellung des Vereinsheimes für Juli. Sie verzögerte sich aber durch die besonders starke Regenzeit in diesem Jahr. Erst am 26. September fand unter riesiger Teilnahme aus der ganzen Region die feierliche Eröffnung statt, die übrigens verschoben werden mußte, weil politische Repräsentanten aus der Region unbedingt bei der Eröffnung ihre Reden halten wollten.

Nach dem glücklichen Ende dieses Vorhabens bereiten wir zur Zeit ein neues umfangreicheres Projekt vor. Wir planen einen Schulungsraum für EDV-Schulungen ebenfalls im Innenhof des CENTRE.

Mit 20 Laptops soll den Schulabgängern und anderen jungen Leuten die Möglichkeit eröffnet werden, EDV-Kenntnisse zu erwerben, denn damit werden sie eine Chance haben, einen Arbeitsplatz in den Betrieben im benachbarten Moundou und z.B. der Erdöl-Industrie in der Region zu finden. Der Zugang zum Internet steht zum ersten Mal für alle in Benoye zur Verfügung. Lehrer können sich aktuelle Informationen besorgen, die Redakteure des benachbarten Radios können ihre Informationen überprüfen, Geschäftsleute können per Email ihre Kontakte pflegen usw.

Wir sind glücklich und dankbar, dass die Firma SOLARWORLD in Bonn uns für das neue Projekt PV-Module mit einer Leistung von 15 kW gesponsert hat. Das reicht vor allem aus für die fast kostenlose Stromversorgung der vereinseigenen Radiostation, womit deren wirtschaftliches Überleben gesichert wird.

Wir gehen mit großen Erwartungen an dieses Projekt, da wir einen besonders geeigneten Fachmann für die Installation und Inbetriebnahme der PC-Klasse zur Verfügung haben. Der Diplom-Informatiker Roger Madingar, ein in der Region Benoye geborener Tschader, der in Deutschland studiert hat und hier auch als IT-Experte tätig ist, hat sich bereit erklärt, unser Projekt vor Ort zu unterstützen.

Roger Madingar weilt zur Zeit im Tschad und nahm auch als Vertreter von LHL e.V. an der Eröffnung des Vereinsheimes teil. Mit ihm zusammen planen wir die technischen und anderen Schritte.

So gehen wir mit großen Erwartungen in das Jahr 2017. Bei jedem Projekt muss allerdings ein beachtlicher Eigenanteil eingebracht werden. So ist uns jede Unterstützung herzlich willkommen. Es versteht sich von selbst, dass alle Spenden ungemindert unserem Partner in Benoye zugute kommen.

Wer helfen möchte, den jungen Leuten in Benoye neue Chancen zu eröffnen, möge bitte eine Spende überweisen an das Tschad-Konto : DE27 2806 4179 0135 8758 01 / BIC GENODEF1VEC

Zuwendungsbescheinigungen werden wie gewohnt zum Jahresende verschickt.

Im Namen aller Aktiven wünsche ich Ihnen ein gesegnetes und besinnliches Weihnachtsfest und ein friedliches Neues Jahr

Ihr Jürgen Marquardt - für LHL e.V.

 

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