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Kenia Brief April 2020
Für meinen Keniabesuch zu Anfang des Jahres hatte ich einige Treffen geplant, die mir wichtig waren. So nahm ich also das Risiko der beginnenden Coronakrise in kauf und flog am 27.2. nach Nairobi.
Den Permaculture Designer Josephat Barasa hatte ich schon im letzten Jahr kennengelernt. Er war Anfang März zu Hause in seinem Practical Permaculture Institute in Butula in Westkenia. Da er die meiste Zeit afrikaweit in Projekten unterwegs ist, wollte ich die Gelegenheit zu einem Besuch nutzen. Außerdem war mein Freund Bryan Butler aus Kanada seit einiger Zeit in der Gegend und die beiden hatten sich schon getroffen. So fuhr ich mit dem Bus nach Mumias. Faustine Odaba, eine erfahrene Solarkocher Promotorin, begleitete mich.
Josephat – genannt JB – brachte uns in seinem Gästehaus unter und zeigte uns die Projekte auf seiner Farm. Ich war beeindruckt von dem ganzheitlichen Ansatz in seiner Planung und Durchführung und bekam viele Ideen für zukünftige Projekte. Wir besuchten auch JBs Practical Permaculture Institute (PPI), in dem er Kurse durchführt. Gemeinsam mit Bryan diskutierten wir, wie Permakultur in Kenia weiter verbreitet werden kann. Der Einsatz von Solarkochern und –trocknern sowie Biogas-Anlagen soll, da waren wir uns einig, unbedingt in die Ausbildung integriert werden.
JB begleitete Faustine und mich nach Nairobi, wo wir die Firma Flexigas besuchten. Das kenianische Team stellt nicht nur mobile Biogas-Anlagen her. Sie entwickeln auch ständig neue angepasste Technologien und Anwendungen für das erzeugte Gas wie Durchlauferhitzer, Brutkästen (für Eier) und Backöfen. Wir waren begeistert!
Am nächsten Tag fuhren JB und ich nach Thika zu John Macharia, dem nationalen Koordinator von SCOPE Kenya (Schools & Colleges Permaculture Programme Kenya). Die Organisation hat sich die Verbreitung von Permakultur in Schulen zur Aufgabe gemacht. Weiter ging es zur Ntujia Primary School bei Marimanti im Tharaka Nithi County. Dort wollen JB und John gemeinsam mit Lehrern, Schülern und deren Eltern sowie der örtlichen Organisation RIDEP ein Projekt starten mit dem Ziel, die Ernährung(ssicherheit) der Kinder und der ganzen Gemeinschaft zu verbessern. Was uns erstaunte: Die Schule verfügt über viel Land, durch das eine öffentliche Wasserleitung läuft. Es gibt also beste Voraussetzungen für den Anbau von Obst und Gemüse, die jedoch kaum genutzt werden.
Auf der Weiterfahrt besuchten wir eine junge Frau, Penina Muthoni, die bei RIDEP arbeitet. Sie hatte nach ihrem konventionellen Landwirtschaftsstudium an zwei Kursen von JB teilgenommen, war „konvertiert“ und hatte die Bewirtschaftung ihrer Farm radikal geändert. Bei einem Rundgang konnten wir uns von den beeindruckenden Ergebnissen überzeugen. Penina wird die Betreuung des Projektes an der Ntujia Primary School übernehmen.
In Kiini kamen wir erst sehr spät an. Am nächsten Morgen besichtigten JB und John das Kiini Institut und besprachen mit Mugo und mir die Möglichkeiten einer zukünftigen Zusammenarbeit. Anschließend fuhren sie zurück nach Nairobi.
Mugo war in den folgenden Tagen sehr beschäftigt. Das County Government hatte Unterstützung für unser Institut und die Anstellung von Trainern und einem Schulleiter in Aussicht gestellt. Auf dem Weg dorthin waren aber noch einige bürokratische Hürden zu nehmen. Die Landübereignung für den Bau der Werkstatt und der Schule musste noch einmal offiziell bezeugt und beglaubigt und die Dokumente an die TVETA (Technical and Vocational Education and Training Authority) weitergeleitet werden.
Inzwischen bereiteten sich die Frauen in unserem Solartrockner Projekt auf die Teilnahme an der großen Embu Agricultural Show vor. Unsere Organisation war eingeladen worden, Solarkocher und –trockner und die getrockneten Produkte auszustellen. Die Show ging vom 12. bis 14. März und war ein großes Volksfest, zu dem auch ganze Schulklassen in Bussen kamen. An den letzten beiden Tagen war ich mit dabei. Ich hatte in den Medien die weltweite Verbreitung des Coronavirus mitverfolgt und beim Anblick der Menschenmassen wurde mir schon mulmig. Am 14.3. wurde im Radio und den Zeitungen von der ersten Corona Infektion in Kenia berichtet. Die Behörden reagierten umgehend. Die Show wurde abgebrochen und größere Versammlungen untersagt.
Am 16.3. wurden die Schulen und Universitäten im Land geschlossen und auch unsere Auszubildenden verließen das Institut. Wir führten noch eine Vorstandssitzung durch und übten erste Hygienemaßnahmen: gründliches Händewaschen und kein Händeschütteln mehr. Der für Kooperativen zuständige Vertreter des County Governments nahm an der Sitzung teil. Zwei Vorstandsmitglieder hatten Vorlagen für ein `Memorandum of Understanding´ verfasst. Ein MoU ist eine der Voraussetzungen, um von der Regierung Unterstützung für unser Institut und für unsere neu gegründete Kooperative zu bekommen.
Im Laufe der Woche wurden auch in Lebensmittelgeschäften und Restaurants in Chuka Hygienemaßnahmen eingeführt. Die Leute standen Schlange in gebührendem Abstand voneinander und vor dem Einlass wurden jedem die Hände mit Desinfektionsmittel besprüht. Auch vor den Läden in Karinga ga Nkoru wurden Wassertanks und Seife aufgestellt.
Wir schränkten Besuche so weit wie möglich ein, während die Regierung die Maßnahmen zur Eindämmung von Infektionen weiter verschärfte. Für den 25.3. wurde die Einstellung des internationalen Flugverkehrs vom Jomo Kenyatta Airport in Nairobi angekündigt. Mein Rückflug war gestrichen worden; Ersatz gab es nicht mehr. Auf Anraten eines Freundes trug ich mich in die Rückholliste des Auswärtigen Amtes ein.
Am 26.3. wurde eine landesweite Ausgangssperre zwischen 19 und 5 Uhr verhängt. Am 28.3. erhielt ich eine Nachricht vom Auswärtigen Amt. Sie hatten einen Rückholflug von Mombasa aus für den 30.3. organisiert. Mugo und ein Freund fuhren mich nach Nairobi und ich nahm einen Inlandsflug nach Mombasa. Mit der Lufthansa ging es weiter nach Frankfurt, dann mit recht leeren Zügen und dem Bus weiter nach Hause.
In meiner letzten Woche in Kenia hatte ich mit Mugo und Ntwiga, dem Koordinator für den Aufbau unserer Kooperative, über die nächsten Schritte zur Einbindung interessierter Mitglieder beraten. Unsere ursprüngliche Idee war, Frauengruppen Solartrockner zur Verfügung zu stellen, ihnen die getrockneten Produkte abzukaufen und sie zu mahlen, zu verpacken und zu vermarkten. Wir mussten aber ernüchtert feststellen, dass wir dazu nicht genügend Startkapital haben, zumal wir auch noch Räumlichkeiten zur Lagerung und zum Verpacken benötigen. Auch eine Anfangsfinanzierung über Mitgliedsbeiträge wäre aussichtslos. Die Menschen, die wir mit unserem `Value Addition´ Projekt unterstützen wollen, sind in erster Linie arme Tagelöhner, die von der Hand in den Mund leben. Und ihre Lage wird sich durch die Corona Krise eher noch verschlimmern.
Nun planen wir, vorerst mit wenigen Gruppen zu beginnen und sie soweit wie möglich in die Vermarktung ihrer Produkte miteinzubeziehen. Den Bau der ersten Solartrockner möchten wir über Spenden finanzieren. Leider wurde der Motor unserer Mühle vor ein paar Wochen beschädigt. Es gab ein Problem in der elektrischen Leitung von Kenya Power, von dem auch die anderen beiden Mühlen in der Gegend betroffen waren. Mugo ließ einen neuen Motor mit einer Schutzvorrichtung einbauen, denn inzwischen erfreut sich die Mühle wachsender Beliebtheit und bringt ein regelmäßiges Einkommen. Allerdings musste er den Motor auf Kredit kaufen und installieren lassen.
Das solare Trocknen von landwirtschaftlichen Produkten, sowie deren Weiterverarbeitung und Vermarktung ist ein Projekt, das uns allen sehr am Herzen liegt. Es dient der Ernährungssicherung in Zeiten von Wetterextremen und schafft allen Beteiligten ein zusätzliches Einkommen. Wir sind auf dem richtigen Weg – wenn auch in kleinen Schritten. Und wir würden uns sehr über eure Unterstützung freuen.
Allen Wegbegleitern und Spendern sage ich ein herzliches Dankeschön auch im Namen von Hans-Georg Klaphake und Alois Plüster sowie Mugo und seinen Mitstreitern in Kenia.
Bleibt gesund!
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