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Tschad: Ein hoffnungsvolles IT-Projekt in Moundou
Am 11. Februar diesen Jahres war es endlich so weit: der Neubau für das IT-Projekt in einem Stadtteil von Moundou, mit etwa 150.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Tschad, konnte mit einer ganz kleinen Feier eröffnet werden. Bewusst hatte der Initiator des Projekts nur zwei Geistliche eingeladen, die das Gebäude und die beteiligten Personen segneten. Es wurden absichtlich keine Politiker angesprochen, um keinerlei Verbindungen zu örtlichen oder nationalen Politikern herzustellen. Die Republik Tschad nennt sich zwar Republik, ist aber im Grunde ein autoritär vom Präsidenten geführter Staat. Der Präsident hat sich soeben wieder in seinem Amt bestätigen lassen. Allerdings kann keine Rede sein von einer echten Wahl, denn etwa 40 % der Bevölkerung sind noch Analphabeten. Und die regierende Gruppe tut alles, damit das Volk ungebildet und uninformiert bleibt.
Vor diesem Hintergrund ist das Projekt, welches auf den Schultern von Roger Madingar ruht, ganz besonders wichtig und förderungswürdig. Roger stammt selbst aus der Stadt Moundou. Er schloss sein Studium an der Fachhochschule in Köln mit dem Titel Diplom-Informatiker ab und lebte für ungefähr 27 Jahre in Deutschland, wo er in seinen erlernten Beruf tätig war. In dieser Zeit erwarb er auch die deutsche Staatsbürgerschaft.
Im Jahre 2016 bat LHL ihn, zu helfen ein IT-Projekt bei dem langjährigen LHL-Partner JARABE in Benoye / Tschad in der Nähe von Moundou zu realisieren. Es wurde für das Projekt ein größerer Neubau errichtet, versehen mit einer sehr leistungsfähigen PV-Anlage. Die PV-Anlage gehörte deswegen zum Projekt, weil es in Benoye keinerlei öffentliche Stromversorgung gibt.
Nach seiner Rückkehr aus dem Tschad ließ Roger nicht mehr los, was er an Armut in seinem Heimatland feststellen musste. Der Staat Tschad rangiert unter den 179 von der UNO registrierten Ländern auf dem vorletzten Platz, was die wirtschaftliche Situation und die Lebensqualität betrifft. Die öffentliche Infrastruktur ist denkbar armselig.
Roger überraschte uns alle, als er uns mitteilte, dass er auf Dauer in seine Heimatstadt zurückkehren wolle, um dort ein ähnliches Projekt wie jenes, welches er in Benoye installiert hatte, jetzt in Moundou zu starten. Wie aber das finanzieren? Die Ersparnisse von Roger reichten bei weitem nicht aus. In der LHL-Tschad-Kasse waren noch etwa € 7.000 vorhanden.
Der Kassensturz verglichen mit den zu erwartenden Ausgaben ließ die Annahme zu, dass das Projekt in kleinerer Version auch in Moundou geschaffen werden könne. Somit ließen wir Roger bepackt mit hatten optimistisch damit gerechnet, dass innerhalb eines Vierteljahres die Schulungen in der Nutzung von PCs und des Internets in Gang kommen würden. 15 gebrauchte Laptops mit französischer Tastatur hatten wir schon in Frankreich gekauft und nach Moundou befördert. Zur Ausstattung gehörte u.a. auch ein leistungsfähiger Videoprojektor.
Kleinlaut musste uns dann aber Roger mitteilen, dass sich der große Raum, den er in Moundou nutzen wollte und der ihm von seiner größeren Verwandtschaft überlassen werden sollte, als so baufällig herausstellte, dass ein Neubau die kostengünstigere Lösung sein würde.
Ohne uns groß zu fragen, begann Roger mit dem Bau eines neuen Schulungsraums auf einem größeren Grundstück, welches er von seinen Verwandten übernehmen konnte. Man muß schon sagen, dass Roger mit gewaltigem Gottvertrauen sich in das Abenteuer des Neubaus stürzte. Der langen Rede kurzer Sinn: es dauerte wegen der nur langsam tröpfelnden Spendengelder aus Deutschland bis in den Februar 2021.
Wieder erwarteten wir die Mitteilung, dass nun endlich die Schulungen beginnen würden. Und wie konnte es anders sein: es gab wieder eine böse Überraschung – die mangelhafte Versorgung mit Strom, der ja unbedingt notwendig ist für den Betrieb der Laptops, des Druckers usw. Auch Ventilatoren im Schulungsraum sind bei Temperaturen im Schatten bis 50 Grad in der heißen Jahreszeit unerlässlich, in unserem Winter. Wir hatten zwar Schwierigkeiten vorausgesehen und darum einen mit Benzin betriebenen Stromgenerator gekauft, um eventuelle Ausfälle zu überbrücken.
Völlig unerwartet mussten wir erkennen, dass die auf diese Weise erzeugte Kilowattstunde so teuer wurde, dass ein wirtschaftlicher Betrieb mit diesem Strom nicht möglich sein würde. Die geringen Einnahmen bei den Schulungen konnten die Kosten der Stromproduktion wirklich nicht tragen. Wieder stellte sich die Frage, ob letzten Endes nach all den Mühen, die Finanzierung des Projekts zu ermöglichen, das Projekt als gescheitert zu erklären sei.
Bei ganz nüchterner Analyse gab es nur einen Weg, das Problem der Stromversorgung kostengünstig und dauerhaft zu lösen: eine Photovoltaik-Anlage. Das Dach des Schulungsraums bot genügend Platz für eine solche Anlage. Doch woher die € 5.200 nehmen, die laut einem Kostenvoranschlag eine genügend leistungsstarke PV-Anlage kosten würde?
Ein Antrag auf Förderung an die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in der 500 km entfernten Hauptstadt Ndjamena wurde entgegen den bisherigen Erfahrungen nicht im Tschad bearbeitet, sondern an eine öffentliche Institution in Deutschland weitergeleitet. Leider sind Anträge dort mit einem Riesenpapierkrieg verbunden, zudem gekennzeichnet durch lange Bearbeitungszeiten und nicht zuletzt mit völlig offenem Ausgang.
Wieder erlöste uns eine Spendenaktion. Ein Studienfreund aus gemeinsamen Tagen in Münster hatte angeordnet, dass in seiner Todesanzeige statt Kränzen um eine Spende für das LHL-Projekt in Moundou gebeten werden solle. Da Karl-Hubertus Radtke sich als Lehrer und in anderen Funktionen viele Freunde gemacht hatte, kamen etwa € 3.200 an Spenden zusammen. Damit rückte die Realisierung des PV-Projekts in greifbare Nähe. Für die restlichen € 2.000 erhielten wir eine entsprechende Spende, so dass der Startschuss für die Installation der PV-Anlage endlich gegeben werden konnte. Überglücklich teilte uns Roger mit, dass er nun mit dem solaren Strom die Computer nutzen könne.
Rückblickend müssen wir feststellen und sagen, dass Roger in seinem unerschütterlichen Gottvertrauen für lange Zeit seine Ansprüche gewaltig absenkte in einem Maße, wie es von jemandem, der so viele Jahre die Annehmlichkeiten der Zivilisation in Deutschland genossen hat, nicht erwartet werden konnte. Das ist auch der Grund, weswegen wir davon überzeugt sind, dass dieses Projekt wirklich die Erwartungen erfüllen wird, mit denen wir an das Ganze herangegangen sind. Allen Spendern und Helfern sei an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt. Wir können bei diesem Projekt in der Tat sicher sein, dass kein Cent verschwendet wird oder worden ist.
Es braucht wohl nicht besonders erwähnt zu werden, dass wir dringend Spenden benötigen, um noch einen kleinen Brunnen zu ermöglichen und endlich genügend Sitzplätze zur Verfügung zu haben, um abends im Hof hinter dem Schulungsraum Spielfilme und vor allem pädagogische Filme zeigen zu können. (Spendenkonto bei Lernen Helfen Leben und der Volksbank Vechta: DE27 2806 4179 0135 8758 01.
Der Umstand, dass jetzt abends das Schulungsgebäude beleuchtet werden kann, hat junge Menschen in der Umgebung angelockt, um abends gemeinsam sich auf Abiturprüfungen vorzubereiten. Die Nachfrage zur Teilnahme an den IT-Schulungen, die soeben begonnen haben, ist beachtlich groß. Es sind viele weitere Aktivitäten in Vorbereitung. Roger würde gern bald einen Kindergarten eröffnen, um Kinder von Klein auf auf einen Lebensweg vorzubereiten, der auf Bildung und kooperatives Verhalten hin erzieht.
SUZIKADI hat begonnen, die Breitenwirkung zu entwickeln, die Roger von Anfang vorgeschwebt hat. Möge er gesund bleiben und sein Gottvertrauen nicht verlieren!
Bericht erstellt von Jürgen Marquardt LHL e.V., Projektbetreuer
Vechta, den 28. Juni 2021
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