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Wer kochen will braucht Töpfe
Noch üben Matthias N. und Roman W. in der Werkstatt des Franz-Jürgens-Berufskollegs an ihren ersten Töpfen, denn das Schweißen von Töpfen gehört nicht zum Ausbildungsinhalt in den Metallberufen. Aber die beiden jungen Techniker haben sich bereit erklärt, einen Schweisskurs in Nigeria durchzuführen. Natürlich kann jeder in Nigeria Schweißen, aber Yahaya - unser Partner in Nigeria - hat den Eindruck, dass die Schweißnähte, die er in Deutschland zu Gesicht bekommt, irgendwie anders aussehen und daher kam seine Frage nicht ganz unerwartet, ob man die Kunst des Schweißens auch nach Nigeria bringen könne. Dahinter steckt die Idee, für die Kocher, die bald in unserer Kocherwerkstatt gefertigt werden, auch die passenden Töpfe herzustellen. Töpfe gibt es auf allen afrikanischen Märkten, doch es gibt zwei Klassen: die billigen aus Aluminium gefertigten, meist lokal in Handarbeit hergestellt und von geringer Qualität - und die edlen Töpfe, die importiert werden, oft aus China oder Indien kommen, und wenn sie aus Edelstahl gefertigt wurden dann sind sie für den normalen Haushalt unerschwinglich. Also heißt die Parole selber machen, denn wer einen neuen Kocher besitzt möchte auch gleich den dazu passenden Topf erwerben.
Zur Durchführung eines Schweißkurses haben wir uns zuerst an SES gewandt, dort würde sich bestimmt ein Fachmann für Elektroschweißen finden lassen. In der Datenbank des SES allerdings wurden wir nicht fündig und auch bei der Angabe des Landes gab es für Nigeria keine Ergebnisse. Die Enttäuschung hielt sich in Grenzen, denn wir hatten es fast erwartet: Nigeria ist nicht gerade ein Touristenmagnet und hat die sattsam bekannten Probleme, beginnend bei Boko Haram bis Scharia. Seit kurzem ist das FJBK unser Partner auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe und dort lernen und studieren viele junge Menschen, die sich von Vorurteilen nicht abschrecken lassen würden, so unser Gedanke und unser Kontaktlehrer Jörn L. hat dann auch diese Idee, sich einmal in Afrika umzuschauen bevor man in den Beruf eintaucht, an seine Studenten weiter gegeben. Matthias und Roman baten um mehr Informationen und nach einer Bedenkzeit haben sie sich bereit erklärt, für 25 Tage in Nigeria junge Handwerker in die letzten Feinheiten der Schweißtechnik einzuführen.
Bevor es Mitte Juli losgeht ist noch einiges zu besorgen, denn ein Schweisser benötigt eine Ausrüstung und Werkzeug und beides ist in der gewünschten Qualität und Menge nicht in der Werkstatt von Auta vorhanden. Auta ist der Leiter der Technik bei D.A.R.E., unsere Partnerorganisation, und besitzt eine kleine Werkstatt in Kaduna. Dort sollen die Kurse durchgeführt werden und woran es bestimmt mangelt ist die Schutzkleidung. Ein richtiger Schweißer dort trägt Sonnenbrille - das macht immer Eindruck - vielleicht ein paar Motorradhandschuhe, Shorts die immerhin bis zum Knie reichen und an den Füßen das Standard-Schuhwerk für alle afrikanischen Handwerker: die unverwüstlichen Flip-Flop. Vermutlich werden wir mit unseren Schweisserhelmen, Lederhandschuhe bis zum Ellbogen und dicke Lederschürze anfangs ein Schmunzeln ernten, aber wenn die ersten Funken ihnen um die Ohren fliegen wird sich das bestimmt ändern.
Geplant ist zur Halbzeit ein Ausflug nach Minna, die Hauptstadt von Niger State, das größte Bundesland in Nigeria. Die dortige Landesregierung ist äußerst interessiert an unseren Plänen und auf dem Programm steht der Besuch einer Berufsschule. Man hat in Nigeria viel von den deutschen Berufsschulen gehört und möchte gerne wissen, was in den eigenen Berufsschulen noch getan werden müßte um auf deutsches Niveau zu kommen. Matthias und Roman werden Gespräche mit Schülern und Lehrern führen und sich umschauen - und zuhause werden sie berichten über das was sie sahen bzw. über das was sie nicht sahen. Da gibt es voraussichtlich einige Wünsche die ihnen mitgegeben werden und die Delegation, die für 2019 geplant ist, könnte sich schon mal Gedanken machen, wie groß das Gastgeschenk sein darf, welches sie mitbringen werden.
Diese kurze Reise ins ferne Afrika wird übrigens von Engagement Global finanziert, einerseits über das Programm "Konkreter Friedensdienst", das deckt den größten Teil der Fahrtkosten ab, und über ein Auslandsprojekt, worüber Ausrüstung und Material finanziert werden kann. Dieses Projekt ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Fluchtursachen aussehen können: schafft Arbeitsplätze!
PS: Der Schweisserkurs ist ein Modul unserer Ausbildungswerkstatt, die uns das BMZ nach langer Vorbereitung genehmigt hat und die im 4. Q. 2018 starten wird. Wir werden darüber in Kürze berichten.
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