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Nigeria wartet auf junge Handwerker aus Deutschland
Quasi als Vorhut brachen am Mi. den 11. Juni zwei junge Handwerker zu einer Reise nach Nigeria auf. Eingeladen hat sie unsere nigerianische Partnerorganisation D.A.R.E., organisiert hat das Ganze LHL und unterstützt werden wir dabei vom Franz-Jürgens-Berufskolleg (FJBK) und gefördert von Engagement Global über das Programm "Konkreter Friedensdienst". Es ist keine alltägliche Reise die Matthias N. und Roman W. antreten, das ist schon an ihrem Gepäck erkennbar: vorausgeschickt haben wir einige kg Edelstahlbleche und 30 kg Schweisselektroden und in ihren Koffern befinden sich Schweissgeräte und die übliche Ausstattung die jeder Schweisser braucht: Zangen, Hammer und Bürsten, und selbstverständlich Helme, Handschuhe und Schürzen. Obwohl fast jeder Metaller in Nigeria - und vermutlich auch in vielen anderen afrikanischen Ländern - von sich behauptet dass er schweissen kann, hat Yahaya doch den Eindruck, dass die Schweissnähte in Deutschland anders aussehen als in Nigeria . Kurzum: Matthias und Roman werden Schweisskurse für einheimische Handwerker durchführen. Gute Handwerker sind Mangelware und gutes Werkzeug ebenfalls, darum leisten wir uns den Luxus und schleppen eine komplette Schweisserwerkstatt nach Nigeria. Einzig den Schweissgenerator haben wir uns erspart, denn ein solcher befindet sich - zu unserer Erleichterung - in der Werkstatt der Berufsschule in Minna.
Von den gut drei Wochen die die beiden Techniker dort verbringen, werden sie die halbe Zeit mit Schweissunterricht sich beschäftigen, an den Wochenenden wollen sie etwas von diesem unbekannten Land kennen lernen. Im Freundeskreis konnte keiner etwas über Sehenswürdigkeiten in Nigeria erzählen, darum stehen Besichtigungen von Minna, Kaduna und Abuja auf dem Programm und auch ein Besuch unserer Ecofarm ist geplant. Denn dort werden wir im September mit einem Ausbildungsprogramm starten und in der Metallwerkstatt werden Kocher und dazu passende Töpfe hergestellt, alles aus Edelstahl. Denn diesen Anspruch haben wir schon, ein langlebiges Produkt herzustellen, welches selbstverständlich über eine hervorragende Effizienz verfügen soll und der das Holz so sauber verbrennt, dass man den Kocher auch Indoor benutzen kann.
Es ist nicht das erste Mal, dass von LHL Reisen in unsere Partnerländer organisiert werden und dabei steht Madagaskar als beliebtestes Reiseland an der Spitze. Aber der Ausflug nach Nigeria ist deswegen bemerkenswert, da hier keine Schüler (wie in diesem Jahr nach Madagaskar) und auch keine Studenten (wie 2014 und 2016 ebenfalls in Madagaskar) sich in fremden Landen umschauen und helfen wollen, sondern es sind junge Handwerker, die am FJBK gerade ihre Technikerausbildung absolvieren und ihre Ferienzeit statt in Malle im heißen Nigeria verbringen werden. Derartige Unternehmungen werden von Engagement Global gefördert und da junge Handwerker lieber schnell Geld verdienen als ihr teuer erarbeitetes Geld auszugeben gibt es für diese Gruppe ein spezielles Programm. (Junges Handwerk). Zum Pflichtprogramm gehört ein Vor- und ein Nachbereitungsseminar und über das Erlebte muss ein kleiner Bericht geschrieben werden. Dafür gibt es einen Reisekostenzuschuss der im günstigen Fall die Flugkosten abdeckt.
Wir alle sind sehr gespannt auf die ersten Berichte und Fotos, die wir hier auch veröffentlichen werden, und hoffen, dass nach der Rückkehr der beiden "Afrikaner" wir Daheimgebliebenen im Rahmen eines Vortrages (im FJBK ?) etwas von diesen Erlebnissen miterleben dürfen.
Freitag, den 13.7.2018
Hallo Leute,
ich sende Euch hier die ersten Bilder aus Nigeria: der Zuma Rock nahe Abuja und ein Gruppenfoto.
Beim genaueren Hinschauen sind drei Auffäligkeiten, die einem ins Auge fallen:
- zwei junge Männer befinden sich in der Gruppe, ganz links Roman und etwa in der Mitte Matthias, beides angehende Techniker im letzten Studienjahr am Franz-Jürgens-Berufskolleg, die sich bereit erklärt haben, in Nigeria einen Schweisskurs für einheimische Handwerker durchzuführen. Am Mittwoch sind sie abgeflogen, abends haben wir schon telefoniert (puh ist das heiß hier) und heute erhielt ich das erste Bild.
- das Bild wurde auf der Farm eines Politikers aufgenommen, der Yahayas Flaschenhaus auf unserem Farmgelände besichtigte und davon so beeindruckt war, dass er sich entschloss, auf seiner Farm nahe Abuja sein Farmhaus nicht aus Ziegelsteinen sondern aus PET-Flaschen zu errichten. Er befolgte Yahayas Ratschlag und rief zum Flaschensammeln auf, für jede mit Sand gefüllte Flasche gab es 10 Cent, und als 10.000 Flaschen zusammen waren rief er Yahaya an und fragte ihn, wie es jetzt weiter geht. Dieser befragte seine Flaschenmaurer ob sie Lust hätten, sich ein paar Naira zu verdienen, Kost und Logis wären frei. Und er schickte ihm dazu noch einen Architekten, denn es sollte ein Haus am Hang werden. Im Hintergrund ist das Bauwerk zu sehen, das Erdgeschoss ist fertig, die Decke ist gegossen, die Grundfläche beträgt etwa 200 qm und für das Erdgeschoss werden jetzt die Wände hochgezogen. Soweit unser Überblick reicht ist es das größte PET-Flaschenhaus in Nigeria - aber wir sind nicht überall.
- rechts Yahaya (unser nigerianischer Partner) in blau und ganz rechts der Farmverwalter. Der Farmbesitzer ist nicht ganz unvermögend und einflußreicher Politiker und Regierungsmitglied in Niger State. Auf ihn geht die Idee zurück, dass wir zusammenarbeiten sollten, nämlich unser neues Ausbildungszentrum in Kaduna und seine Regierung in Niger State. Wir sollen die Flaschenhausmaurer ausbilden und er würde dafür sorgen, dass diese nach der Ausbildung einen Job bekommen indem sie im Rahmen einer Schulneubaukampagne eingesetzt werden: Jede Schule soll einen Schulpavillon erhalten um die Not der Schulplätze zu vermindern. Wir haben dazu bei unseren Freunden in Hildesheim (Arbeit und Dritte Welt) eine große Kiste mit Maurerwerkzeug bestellt und sobald diese ankommt kann mit der Ausbildung begonnen werden, also voraussichtlich im August - und die Ausbildung dauert 3 Monate und Ende des Jahres könnten die ersten Flaschenmauerer mit ihrer Arbeit beginnen.
Dienstag, den 17.7.2018
Inzwischen sind ein paar Tage vergangen, wir haben bereits über whatsapp einmal mit und einmal ohne Video telefoniert und was ich erfahren habe möchte ich gerne weitergeben, denn es ist nicht alltäglich was hier gerade abläuft.
Zuerst die etwas betrübliche Nachricht, dass die drei DHL-Pakete, die die Kocherbleche (aus Edelstahl) und Schweisselektroden (ebenfalls aus Edelstahl) enthalten, noch nicht eingetroffen sind. Das Paket mit den Schweisselektroden wurde als Gefahrgut ausgesondert und speziell untersucht (sah im Röntgenbild aus wie Handgranaten), das zweite Paket befindet sich in Niger (hat der Bedienstete im Postamt falsch übertragen) und nur das 3. Paket befindet sich im Flughafen von Lagos und wird unsere Freunde bald erreichen (hoffentlich noch vor dem Rückflug).
Aber nun zum eigentlichen: Flug war perfekt, Ankunft in Abuja pünktlich, Yahaya unser Partner empfing sie nach der Passkontrolle und brachte sie in ein besseres Hotel für die 1. Nacht. Um 18.15 war es schon ziemlich schummrig und die Temperaturen lagen noch deutlich über 30 Grad, Tendenz langsam fallend. Am Do. eine Stadtrundfahrt und Ausflug zur Farm des Stabchefs (ich hatte ein Bild Euch schon gesendet), Abends Fußball in der Hotellobby, am Freitag Weiterfahrt nach Minna zum Endziel, eine Mittelstadt mit 300.000 Einwohnern, natürlich auch hier eine Stadtrundfahrt (s. Bild).
Am Samstag Besichtigung der Berufsschule, Rundgang durch die Klassenräume und Werkstätten (Maschinenmuseum), Gespräch mit der Direktorin (fast eine Revolution) und Lehrern, am Sonntag kam Besuch aus Kaduna, Auta, der techn. Leiter unserer Partner-NGO, Kennenlernen und Abendbrot im Restaurant, alles ist bekömmlich wenn man darum bittet, nicht so scharf. Das Bier schmeckt anders ist aber trinkbar, besonders in Gesellschaft, mit der engl. Sprache gibt es kleine Probleme, Yahaya übersetzt und hilft, abends gemeinsames Fußballfernsehen, das verbindet.
Dann am Mo. 1. Kurstag in der Berufsschule, Auta hat normale Bleche vom Schrottplatz zum Üben und Schweisselektroden mitgebracht, das mitgebrachte Schweissgerät funktioniert, der Schweißgenerator gelangt allerdings an seine Grenzen, häufige Pausen sind vonnöten. Die Zahl der Kursteilnehmer beträgt 7, die Direktorin bat darum, dass ihre Fachlehrer mitmachen dürfen, die sind schon begeistert von der Schutzkleidung, keine Sonnenbrillen sondern Schweisshelme, ein Novum, ebenfalls die langen Handschuhe und die Lederschürze, wie im Lehrbuch. Zuerst Schweissnähte auftragen, das wird geübt bis es sitzt, am nächsten Tag Dienstag dann Bleche stumpf zusammenschweissen. Einige Teilnehmer sind schon fit und sind jetzt noch fitter, sie freuen sich das Gelernte an ihre Schüler weitergeben zu können, die Direktorin schaut öfter vorbei und ist beeindruckt, dass junge Menschen zu ihnen nach Nigeria kommen um hier ihr Wissen weiter zu geben. Dann Besuch eines Regierungsvertreters der darum bittet, dass sie umziehen in das Gästehaus der Regierung, das wäre besser bewacht. Jetzt wohnen sie in einer Villa mit vielen Schlafzimmern, im Wohnzimmer steht ein großer Kühlschrank (gut für das Bier), ein Fernseher, alles passt. Morgen geht es in die Theorie, Roman und Matthias dürfen vor den Lehrern selbst den Lehrer spielen, alles natürlich in englisch, aber sie haben überhaupt kein Bammel davor, die beiden machen das gut. Haben beim Rundgang auch gleich erkannt, warum der Informatikunterricht nicht funktionieren kann, PC der zweiten Generation stehen im Computerraum, und haben spontan die Idee, zuhause in ihrer Schule die ausrangierten PC's einzusammeln und nach Nigeria zu schicken, dort kann man einige damit glücklich machen (Bernd, wir müssen uns mal zusammensetzen). Am Nachmittag noch eine Lerneinheit "Flexen".
Noch der Mittwoch mit etwas Theorie, vielleicht am Do. eine kleine Arbeitsprobe, am Freitag gibts ein Feedback, dann ist der 1. Kurs vorbei und die nächste Gruppe scharrt schon ungeduldig mit den Hufen. Die beiden Lehrer sind begeistert dass sie vor Lehrern zeigen können was sie gelernt haben und in ihrem Eifer schreiben sie die Tafel gleich mehrmals voll. Die Schüler sind beeindruckt von solch engagierten Vortragenden, haben Mühe alles von der Tafel abzuschreiben, wohl etwas ungewohnt auch, sind besonders angetan von den praktischen Übungen und das Team von D.A.R.E. hat nach langer Zeit wieder einmal seine Partner aus Deutschland begrüßen können.
Wir telefonieren fast jeden Abend und ich habe den Eindruck, die beiden jungen Männer haben ein gutes Gefühl dafür, dass sie jetzt schon etwas außergewöhnliches getan haben und ich habe das Gefühl, dass hieraus noch mehr entstehen kann. Es ist erstaunlich, dass mit kleinsten Einsätzen und etwas Engagement das gegenseitige Kennenlernen so unproblematisch ist, wie man das vor einer Woche noch nicht für möglich gehalten hat. Und sie werden besser verstehen, dass das Leben in vielen afrikanischen Ländern kein Zuckerschlecken ist, wo man schon morgens nach dem Aufwachen sich Gedanken machen muss, wie man sich selbst oder die Familie für diesen Tag über die Runde bringen wird. Einen kleinen Eindruck erhalten sie bei dem täglichen Frust mit der Stromversorgung: es gibt Strom, aber nur im Prinzip, denn keiner weiss ab wann und keiner weiss wie lange. Die Gäste aus D wundern sich, dass trotzdem einiges funktioniert, und sie merken, wie selbstverständlich sie zuhause den Schalter betätigen und es brennt Licht und sie fragen sich, wie ein Land ohne sichere Stromversorgung funktionieren kann.
Donnerstag, den 19.7.2018
Diesmal rief ich an, gegen 23 Uhr war's und die Herren saßen beim Abendbrot, hatten sich etwas bringen lassen. Sie berichteten von einem besonderen Besuch, den Emanuel, ein Bekannter von Yahaya, vermittelt hatte: der Besuch einer Grundschule. Europäer verirren sich nur selten in diese Schule und daher waren die 3.000 Schüler allesamt aufgeregt bzw. interessiert, die seltenen Gäste aus der Nähe zu sehen, am besten anfassen und an den Haaren ziehen, prüfen ob das alles echt ist, oder die Haut nur weiß bemalt war und diese Haare, die sich so ganz anders anfühlen, nur eine Perücke.
Auf dem Schulhof großer Tumult, kaum ein Durchkommen, in der Klasse großes fast ehrfürchtiges Staunen. Tatsächlich konnten Roman und Matthias auch einen Blick in einen Klassenraum werfen. Ihr erster Eindruck: dies ist ein Turnraum, keine Schulmöbel, alle saßen auf dem Fußboden. Aber das ist Alltag in vielen afrikanischen Schulen.
Am Nachmittag dann wieder Schweissen, jetzt schon für Fortgeschrittene, die Kehlnaht. Alle machen mit, alle wollen üben, allseits großes Interesse, die Direktorin ist begeistert wie ihre Lehrer sich reinknien und wie gut das abläuft und unsere beiden Techniker haben richtig Spaß mit den hochmotivierten "Schülern". In den Pausen Gespräche über unsere Schule eure Schule, Diskussion was alles fehlt, Fragen ob man helfen könne, vielleicht auch mal ein Besuch in D, eure Schule besichtigen, am Unterricht teilnehmen, einen Eindruck davon erhalten, was funktionieren heißt, vielleicht kann man davon etwas lernen, bekommt Anregungen. Als wir darüber am Abend sprechen ist das fast das einzige Thema, unsere beiden jungen Freunde haben viele Eindrücke erhalten und die werden jetzt verarbeitet. Sie wollen zuhause mit dem Schulleiter und Lehrern sprechen wie man als Schule helfen kann, sie wollen unbedingt Vorträge halten und sind kaum zu bremsen. Das Dach muss als erstes dicht gemacht werden, da fehlen ein paar Bleche, die könnten auch wir anschweissen, Und was ist mit Strom aus Solarmodulen? Fläche auf dem Dach steht genügend zur Verfügung, Solarmodule kosten heute kaum noch etwas, das Dach könnte man vollpacken damit und dann hätte die gesamte Schule Strom bis zum Abwinken. Und kann unsere Schule nicht ein paar besonders interessierte Lehrer aus Nigeria einladen? Gibt es dafür Unterstüzung wollen sie wissen und sind erst zufrieden, als ich versprach, dass wir nach ihrer Rückkehr über das alles sprechen können.
Für den Samstag steht ein Höhepunkt auf dem Programm: der Stabschef hat sie eingeladen in sein Büro. Der, der auf seiner Farm nahe Abuja ein Farmhaus aus PET-Flaschen errichten läßt und der großes Interesse hat mit uns zusammen zu arbeiten. Endlich kommt das weisse Hemd zum Einsatz und die lange Hose. Der Abteilungssleiter für die Berufsschulen des Landes wird auch dabei sein, also eine hochkarätige Veranstaltung, mehr geht eigentlich nicht. Unseren beiden Freunden wird bewußt, dass sie mit dieser Reise einen einmaligen Einblick in ein Land erhalten haben, wie man es als Tourist nie bekommen würde. Wir sind alle gespannt, wie das Gespräch verläuft.
Sicher ist, dass damit die Zeit in Minna zuende geht und am Sonntag brechen sie auf nach Kaduna, die große Stadt, es wird ein Kontrastprogramm.
Sonntag, den 21.7.2018
Die letzten beiden Tage in Minna wurden noch einmal richtig anstrengend, aber es war keine körperliche sondern eine geistig-emotionelle Anstrengung, denn es hatte sich hoher Besuch angekündigt. Zuerst aber trafen sich die Kursteilnehmer und die Kursleiter um in einem Feedback zu erfahren, was gefallen hat und was gefehlt hat. Hier gab es nur Lob für die beiden und das haben sie sich auch verdient.
Und dann wurde der Stabschef angekündigt, ihm untersteht das gesamte Personal in den Ministerien, in D würde man wohl Staatssekretär dazu sqgen, der Mann hinter dem Minister der sich um die inneren Angelegenheiten kümmert. Eigentlich war ein Empfang in seinem Büro vorgesehen aber es interessierte ihn, wie die beiden Gäste untergebracht waren und unter welchen Arbeitsbedingungen sie hier ihren Auftrag ausführen konnten. Ich überspringe jetzt die nächste Stunde, denn der Chef war nicht begeistert vom Zustand der Werkstatt und hatte auch ein paar kritische Worte noch an die Schulleiterin gerichtet bzgl. der Schulsituation. Gegen Mittag traf dann auch noch eine Schulkomission ein die eine Routinevisite durchführte und sich davon überzeugen wollte wie es um die Lernsituation bestellt ist - und auch von ihr waren kritische Worte zu vernehmen. Kurzum es war eine besondere Lehrstunde und am Schluss wurde die Schulleiterin angewiesen eine Mängelliste zusammenzustellen die am darauf folgenden Tag dem Minister für Erziehung, Wissenschaft und Technik überreicht werden sollte.
Der nächste und letzte Tag verlief deutlich entspannter, obwohl auch an diesem Tag allerhöchster Besuch angekündigt war: der Fachminister wollte sich höchstpersönlich von dem Besuch aus D ein Bild verschaffen und war auch an den langfristigen Plänen interessiert, die wir mit Unterstützung des BMZ ab September realisieren wollen: eine Ausbildungswerkstatt für verschiedene Berufe. Aber zuerst wandte er sich an Matthias und Roman und ließ sich bis ins Detail das Ziel und die Durchführung dieses Schulungsprojektes erläutern. Zusammen mit der Schulleiterin nahm er sich dann noch eine weitere Stunde Zeit um über Verbesserungsmaßnahmen zu diskutieren und unsere beiden jungen Techniker waren in diesem Moment gefragte Berater. Besonders aufmerksam wurde er als er erfuhr, dass eine hochrangige Delegation aus Düsseldorf sich auf einen Besuch in Minna vorbereitet und dieser wird jetzt schon als bedeutendes Ereignis eingestuft. Zwischendurch schaute auch der Stabschef vorbei, der hat wohl Gefallen daran gefunden dass eine Berufsschule, bisher ohne Unterstützung von oben, sich anschickt, mit einer deutschen Berufsschule zu kooperieren. Auf den nächsten Besuch darf man gespannt sein.
Es hätte nicht viel gefehlt und er wäre auch noch unter den Schweisshelm geschlüpft, einen solchen Helm hatte keiner der Anwesenden zuvor gesehen, und alle waren voll des Lobes über die Umsicht und Fürsorge hinsichtlich der Schutzbekleidung für die Kursteilnehmer. Heute mußte die Schulleiterin spontan eine Bedarfsliste aufstellen über die Ausrüstung für die Kursteilnehmer und die Werkstattlehrer sollten dann noch Zahlen zu den benötigten Schweissgeräten und Schweissgeneratoren hinzufügen und er würde sich - mit Unterstützung der deutschen Gäste - um die Beschaffung kümmern (nachdem er von Mathhias erfahren hatte, dass mit etwa 300 € ein Arbeitsplatz auf den modernsten Stand gebracht werden kann). Zum Schluss gab es noch ein hohes fachliches Lob aus dem Munde der Fachlehrer, die nicht nur mit Erstaunen den Schweisshelm bewunderten sondern auch auf die kleinen, sparsamen, preiswerten und dennoch leistungsstarken Schweissgeräte hinwiesen.
Diese beiden Tage hatten eine eigene nicht vorhergesehene Dynamik und aus dem geplanten Informationsbesuch an der Berufsschule hat sich ein mehrstündiger Diskurs entwickelt und unsere beiden Schweisslehrer wechelten ohne Probleme in die Rolle der Problemanalytiker und Berater für alle Fragen hinsichtlich der Einrichtung von Berufsschulen und hatten mit hochrangigen Ministerialbeamten und Fachleuten aus dem Schulwesen ein dankbares Publikum.
Der nächste Tag, ein Samstag, ist schnell erzählt: Abschiednehmen vom Personal und dann folgte eine anstrengende Fahrt nach Kaduna, wo sie noch kurz vor der Abenddämmerung eintrafen. Yahaya brachte die beiden Gäste im "Armeehotel" unter (hier werden Armeeangehörige untergebracht wenn es in der Kaserne voll ist). Und der Abend endete mit einer Überraschung: als Yahaya seine beiden Gäste zum Abendbrot abholen wollte hatte ihn seine Frau beauftragt, aus dem gleichen Hotel ihre beiden Gäste mitzubringen. Im Foyer saßen die Vier aber schon beisammen und unterhielten sich nichtsahnend, dass sie Gäste im Hause von Habiba und Yahaya waren. Erst als sie ins gleiche Auto stiegen wurde ihnen klar, dass der Abend jetzt erst richtig anfing und so war es dann auch (Habiba hatte in der Zwischenzeit noch schnell eine Handvoll Reis nachgekocht) und mit Unterstützung von Büchsenbier, dieses Mal aus Kaduna - wurde es ein kurzweiliger Abend.
Diese Geschichte ist schon bis hierher unglaublich und wir überlegen jetzt schon, wie wir das Erlebte an die Öffentlichkeit bringen können. Fest steht dass auf jeden Fall im FJBK ein Vortrag stattfinden muss, zu dem auch special guest teilnehmen sollten, also Schulverwaltung oder IHK oder Politik.
Einen Kummer allerdings macht uns etwas zu schaffen: die drei Pakete, die mit DHL vorausgesandt waren, sind noch nicht eingetroffen. Zwar befinden sie sich schon in Nigeria, aber der Zoll braucht Zeit, um die Bleche zu begutachten. Da es in Nigeria keine Edelstahlbleche so einfach zu kaufen gibt, muss in den Schweisskursen mit Stahlblechen improvisiert wrden.
Mittwoch, den 25.7.2018
Mich erreicht eine schreckliche aber auch eine gute Nachricht. Zuerst die schlechte Nachricht: Yahaya und Roman haben sich mit Malaria infiziert, Yahaya so heftig, dass er ins Krankenhaus gefahren ist. Da Roman ebenfalls sich ziemlich schlapp fühlte und Schmerzen hatte haben sie sich beide den Ärzten vorgestellt. Die Untersuchung ergab eine eindeutige Diagnose: Es war Malaria, bei Yahaya schon im fortgeschrittenen Stadium, so dass er im Krankenhaus bleiben mußte und dort behandelt wurde, während Roman nur von der leichten Variante erwischt wurde. Ihm haben die Ärzte entspr. Tabletten verordnet und nachhause entlassen. In den beiden folgenden Tagen ging es bei beiden nur langsam aufwärts.
Die gute Nachricht: Am Vortag haben sie sich auf das Farmgelände begeben und dort unseren Archtitekten Abuja zusammen mit dem Schweisser getroffen. Der lud sie zu einem Rundgang über die Dachkonstruktion ein und es war noch einmal eine Lehrstunde in Sachen Schweissen. Die Schweissausrüstung hatten sie wohlweislich mitgebracht, einen Generator geliehen und dann gingen die drei Fachleute von Schweissstelle zu Sconhweissstelle und haben an div. Stellen kleine Nachbesserungen durchgeführt.
Dabei fiel ihnen auf, dass das Metall nicht immer vorschriftsmäßig gesäubert war, sowohl vom Rost anen schweren Starls auch von der Schlacke. Das alles wurde gemeinsam ausgebessert und jetzt befindet sich das Haus in dem Zustand, dass mit dem nächsten Abschnitt begonnen werden kann: Eine Unterkonstruktion aus Folie ist anzubringen, die verhindern soll, dass weder Grashalme noch Regenwasser den Bewohnern auf den Kopf fallen. Diese Nachbesserung hat Yahaya viel Vertrauen darin gegeben, dass das Flaschenhaus einschl. Dach viele Jahre überstehen wird. Der letzte Akt auf dem Farmgelände war die Schweissgeräte im Container zu verschliessen bis im Herbst ein nächster Schweisskurs stattfinden kann.
Matthais ist der Einzige der noch durchhält und ihm wurde von Dlanladi unserem Fahrer die Möglichkeit geboten, an der Hochzeit seines Bruders teilzunehmen. Mir war etwas bammelig als ich das erfuhr, denn beiden hatte ich aufgegeben, jede Massenansammlung zu meiden, kein Marktbesuch, großer Bogen um den zentralen Busbahnhof, keine Teilnahme an Demonstrationen und auch keine Kirchen- oder Moscheebesuche. Aber nun war das Angebot wohl doch zu verlockend aus nächster Nähe einer muslimischen Hochzeit beizuwohnen, als Tourist bekommt man eine Originalhochzeit nicht zu sehen. Ende gut alles gut. Über ein besonderes sportliches Erlebnis kann auch nur kurz berichtet werden: Matthias hat am Training der Fussballmannschaft D.A.R.E. teilgenommen. Ein ausführliches Interview steht noch aus, der Junge muss erst wieder zu Luft kommen (er war auch der Einzige der ohne Stollen spielte)..
Heute sah die Situation schon viel freundlicher aus, alle Drei sind wieder einigermaßen wohlauf (Matthias hatte einen schweren Start heute), aber wieder blieb mein Herz für einen Moment stehen als mir von Yahaya berichtet wurde, dass Roman und Matthias zum Abendbrot bei der Familie des Fahrers eingeladen waren. Ich habe beide noch nicht persönlich sprechen können aber es war wohl eine besondere Ehre für Yussuf seine Gäste aus Deutschland zu sich nachhause einladen zu können und den Beiden hat es wohl gut gefallen. Anschliessend wurden sie noch zu Yahaya nachhause gefahren, wo sie den Rest des Abends verbrachten bis Habiba sie ins Hotel zurück brachte. Tagsüber hat Roman die Einladung von Habiba angenommen und zusammen mit dem Sohn einen Reiterhof besucht, während sich Matthias im Hotel und Yahaya sich zuhause erholten.
Die Rückreise wirft ihre Schatten voraus, am Montag wird die Fahrt nach Abuja angetreten, Dienstag noch einmal Sightseeing und Einkauf, am Mittwoch evtl. einen zweiten Besuch auf der Farm des Stabchefes, spät abends der Rückflug nach Frankfurt..
Dienstag, den 31.7.2018
Heute telefonierten wir vermutlich das letzte Mal und meine erste Frage galt dem Gesundheitszustand. Zu meiner großen Erleichterung meldeten sich alle drei als gesund zurück und wir überlegten kurz ob etwas falsch gemacht wurde. Aber wir sion früher festzustellenind der Meinung dass der Mückenstich zu den unabwendbaren Risiken gehört und evtl. hätte ein Testset geholfen, die Infektion früher festzustellen. Aber das Krankenhaus in Kaduna ist mit Malaria bestens vertraut und heute lachten sie schon wieder und das Bier schmeckte.
Alle Drei haben am Montag ihren Standort gewechselt und sind in einer wenig spektakulären Fahrt - nur eine Kontrolle - nach Abuja gefahren und in ihr altes Hotel eingezogen. Am Dienstag nahm die Beschaffung von Geld aus dem Geldautomat viel Zeit in Anspruch, denn der spuckte nur Naira im Wert von 50 € aus. Aber nach geduldigem Tippen und Warten war der Wunschbetrag nach 1,5 Std. ausgezahlt. Dann ein Besuch bei einer Bundesbehörde, die für Energieversorgung (auf solarer Basis) im ländlichen Raum zuständig ist. Langsam reift die Erkenntnis dass die Stromverorgung mit großen Überlandnetzen nicht zufriedenstellend realisierbar ist und man möchte jetzt jedem Hausbesitzer eine kleine Solaranlage (Solar Home System) aufs Dach setzen. Die Behörde hat sich ausführlich mit unseren Schweissfachleuten über die Möglichkeiten einer Solarstromerzeugung ausgetauscht und man will im Gespräch bleiben. Na da bin ich gespannt, was sich daraus entwickeln wird..
Am Nachmittag noch einmal ein Besuch auf dem Farmgelände des Stabchefs. In den zweieinhalb Wochen hat sich einiges getan, die Arbeiten sind gut vorangekommen und es wird langsam deutlich welch großes Bauwerk hier entsteht. Ich bin sicher, in Afrika gibt es kein größeres und wenn es fertig sein wird könnte es zur Pilgerstätte für innovative Architektur werden.
Morgen am Mittwoch steht als letzte Aktion Shoppen auf dem Programm - die T-Shirts von der Fußball-WM wären hier wahnsinnig preiswert. Zum Schluss haben beide nochmals betont, dass sie auf dieser Reise sehr viel erlebt hätten und auch sehr viel mitnehmen würden und sie würden sich freuen, wenn davon ein kleiner Teil weitergegeben werden kann. Wir können uns vorstellen, dass wir zusammen mit Engagement Global einen Vortrag für alle Berufskollegschulen oder mehrere Vorträge an einzelnen Schulen anbieten könnten, um auch das KF-Programm für junge Handwerker bekannter zu machen. Aber zuerst müssen die beiden heimkehren und sich ausruhen und dann schauen wir mal weiter.
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