Reisebericht Uganda - Februar 2020

Von LHL-Vorstandsmitglied Bernhard Müller

Meine Abreise war am 24. Januar 2020 um 15:25. Der Flug über Kairo und der Anschluss nach Entebbe verliefen problemlos, wenn man mal von der bei Egyptair üblichen Verspätung absieht. Der Flieger landete am 25. Jan. gegen 04:00. Die Ausgabe der Gepäckstücke in Entebbe erfolgte auf verwechselten Gepäckbändern was ein intensives Gewusel der hin- und herlaufenden Passagiere verursachte. Pass- und Zollkontrolle erfolgten zügig. Dann noch schnell an die ATM-Maschine und eine oder zwei Millionen Schillinge gezogen (Kurs: ca. 4000 Ugandische Schillinge für 1 Euro) und ab nach draußen, wo ich schon von Taxifahrern umzingelt wurde. Nach intensivem Feilschen war ich mit dem Taxifahrer handelseinig: 80000 Schillinge für den langen Transfer zum Hotel.

Nach einer 3/4-stündigen Fahrt durch die lauwarme ugandische Nacht kam ich im Hotel Emerald an, wo ich gebucht hatte und von früheren Aufenthalten her bestens bekannt bin. Ins Bett konnte ich mich aber noch nicht legen, denn es waren keine Handtücher, kein Trinkwasser und keine Seife da. Bedingt durch einen Wasserrohrbruch in der Nähe kam aus der Leitung schwarzes Wasser. Deshalb brachte man mir einen großen Eimer Wasser, um die Toilettenspülung und meine Körperwäsche zu vollziehen. Alles erfolgte in 10minütigen Abständen, sodass an ein zügiges Zubettgehen nicht gedacht werden konnte.

Der gesamte Samstag, 25. Jan. ging für Ausschlafen und Akklimatisierung drauf. Mittlerweile gab es wieder sauberes Wasser.

Am Montag, 26. Jan. traf ich mich mit „meiner“ ugandischen Statthalterin Esther Nattabi, die mir ein Telefon mit ugandischer Nummer gab. Erst jetzt war ich beweglich und konnte mich zügig auf die kommenden Tage vorbereiten. Das Programm wurde mit den ugandischen Leistungsträgern noch einmal abgesprochen. Bis zum 30. Jan. wurde die meiste Zeit damit verbracht, die mit dem Programm involvierten Dienstleister abzufahren und alles minutiös durchzusprechen. Bei derartigen Planungen muss man in Kampala nämlich auch eventuelle Staus einrechnen.

In den Tagen bis zu Monika Grühns Anreise wurde zudem auch die Werkstatt besucht, die die ugandische Version des holzsparenden und raucharmen Kochers „AfroBasic“ herstellt. Die Werkstatt verfügt über „nur“ 6 x 2,5 Meter Grundfläche, worin sich insgesamt 3 Arbeiter aufhalten. Wenn es nicht regnet, dann ist die Arbeitsplatz-Aufteilung so: 1 Arbeiter ist vor der Tür, ein Arbeiter ist zwischen den Türrahmen und einer arbeitet innerhalb der Werkstatt, mit einem Ölfass als Arbeitstisch. Es ist zwar eine Werkbank vorhanden, afrikanische Arbeiter arbeiten aber nur äußerst ungern im Stehen. Deshalb herrscht bei Regen ein arges Gedränge in der Werkstatt. Die Grundfläche wurde durch das Einziehen von Zwischenböden verdreifacht; Rohmaterial und halbfertige Erzeugnisse werden darin zwischengelagert.

Der Kocher AfroBasic wurde in den 1980er Jahren von dem Amerikaner Samuel Baldwin entwickelt, der in der folgenden Zeit zu einem hohen Beamten des US Department of Energy (DoE) aufstieg. Der deutsche Entwickler Richard Fetzner hat ihn dann noch einmal weiter zu dem wohl billigsten Metallkocher verändert und ihm den vorübergehenden Namen „Basic“ gegeben. Der Versuch, den „Basic“ im Jahre 2015 in Masaka, Uganda, einzuführen scheiterte am Mangel an Fachkräften. Ich selbst habe ihn dann wieder modifiziert, indem ich dem Kocher einen unten eingefügten Deflektor (Abweiser) zur Unterstützung der Flamme verpasste. Der Deflektor sorgt zudem dafür, dass der Verlust von Wärmeenergie zum Boden hin unterbleibt.

Nach langer Suche nach geeigneten Fachkräften wurde ich in der Hauptstadt Uganda, in dem Stadtteil Kamwokya fündig. Die Werkstatt wird von Esther Nattabi und dem erfahrenen Metallarbeiter Ssembatya Mohammad geleitet. Die sozial ausgerichtete Firma „UGwality - clean energy for all“ wurde im September 2019 gegründet und bedient vor allem Arme und Flüchtlinge und befindet sich noch in der Anmeldungsphase. In Uganda können Registrierungen erfahrungsgemäß sehr lange dauern. Sehr lange. Seit September wurden etwa 200 Kocher gefertigt. Zum Zeitpunkt meines Besuches in der Werkstatt waren etwa 50 Kocher fertig sowie etwa 20 in Bearbeitung.

Monika Grühn, eine sehr erfahrene und erfolgreiche Entwicklungshelferin kam planungsgemäß am 3. Februar in Kampala an und begab sich zunächst zur verdienten Ruhe. Am Abend trafen wir (Monika Grühn, Esther Nattabi und ich) uns mit dem deutschen Ingenieur Florian Knaus in einem indischen Restaurant. Obwohl wir rechtzeitig ein Uber-Taxi bestellten kamen wir eine Stunde zu spät, weil der Feierabendverkehr und ein plötzlich einsetzender Starkregen die uns eigene deutsche Pünktlichkeit verdarb. Florian Knaus verzieh uns aber, weil er in Kampala wohnt und wirkt und die dortigen Zustände bestens kennt.

Im Laufe des Gespräches stellte sich heraus, dass Florian Knaus eine enorm hohe Kenntnis über Mineralien und Bodenkunde besitzt. Er gab uns wertvolle Tipps, unter anderem den, es mit Wasserglas (engl. Sodium Silicate) statt Zement beim Bau des von Peter Negele und Richard Fetzner konstruierten Lehmkochers zu versuchen. Zudem gab er Esther Nattabi Hinweise, wo man in Uganda Wasserglas kaufen kann.

In der Nacht zum 4. Febr. trafen auch die anderen Teilnehmer aus Kenia arg verspätet mit dem Bus aus Kenia ein, weil der Stau und der Regen die Ankunft verzögerte:

  1. Millicent Anyango, lebt und wirkt zwischen Kisumu und der tanzanischen Grenze und stellt selbst Kocher und Herde aus Lehm, Backsteinen etc. her. Sie ist studierte Architektin und ist in Kenia eine weithin bekannte und erfolgreiche Fachfrau. Sie wurde auserkoren, den Lehmkocher künftig professionell herzustellen und zu vertreiben.
  2. John Amayo, Leiter der NGO Sustainable Utilisation of Renewable Energy aus Kisumu. Universell als Koordinator tätig.
  3. Florence Gundo von der Winam Jua CBO, die künftig das weitere Standbein der Herstellung und des Vertriebs des Lehmkochers - auf der sozial ausgerichteten Schiene - im Raum Kisumu und Kakamega (Kenia) leiten soll.
  4. Elisha Ochieng, der „Mann für alles“ bei der Winam Jua CBO, der Florence Gundo tatkräftig unterstützen soll.
  5. Rhodah Pamellah, die informativ anwesend war. Eigentlich ist sie für einen Betrieb in Tanzania tätig, der sich dem Vertrieb von größeren Kochern (Community Cookers) gewidmet hat.

Der Niederländer Marinus van Stijn, mit dessen Eintreffen erst am 6. Febr. absprachegemäß gerechnet wurde, erschien überraschend ebenfalls, war aber nicht Teilnehmer am Workshop.

Am ersten Tag des Workshops wurden die Teilnehmer von John Amayo und Esther Nattabi über die Herstellung von Warmhaltekörben (Fireless Cookers) eingehend unterrichtet. Ganz nebenbei wurden weitergehende Informationen an die Anwesenden gegeben, zum Beispiel, wie der Nonius auf einer Schiebelehre funktioniert, etc.

Während des Workshops wurde auch der Name für den Lehmkocher festgelegt: als Counterpart zum in Ostafrika wohlbekannten Kocher Baba Moto wird er künftig Mama Jiko genannt.

Am zweiten Workshop-Tag , dem 5. Febr. 2020, nahm Marinus van Stijn bereits zum Frühstück die Teilnehmerin Rhodah Pamellah zur Seite. Sie blieb fortan dem hochwertigen und lehrreichen Programm fern.

Zunächst ging es zur Makerere-Universität in Kampala, der wohl besten Universität Afrikas, die Universitäten von Ägypten und Südafrika mal ausgenommen. Am dort ansässigen CREEC-Institut wurden die Teilnehmer ausführlich über Kocher-Testmethoden nach ISO und auch über (fast) alle Kocher informiert, die sich zur Zeit auf dem afrikanischen Markt tummeln. Sowohl der Water Boiling Test (WBT) als auch der Controlled Cooking Test (CCT) wurden erläutert. Die Teilnehmer wurden dann ins Labor geführt, wo mit dem CCT Abgasmessungen nach ISO-Norm vorgenommen werden (CO2, CO und PM 2,5).

Dann wurde die Gruppe ins Solar-Laboratorium geleitet, wo sich zwischen unzähligen Messgeräten ein Sonnensimulator befindet. Dieses Labor gehört zum weltweit feinsten seiner Art. Zum Abschluss des Besuches bedankte sich die Direktorin Dr. Mary Suzan Abbo mit herzlichen Worten für das Aufsuchen des Instituts.

Das CREEC-Institut führt auf Anfrage auch Kochertests durch, die international anerkannt sind und auch das Wohlwollen der Clean Cooking Alliance genießen. Ein Water Boiling Test kostet $ 500, ein Controlled Cooking Test $ 385. Jeder Test wird gemäß der Norm drei Mal durchgeführt.

Weiter ging es zum JEEP-Institut (Joint Energy and Environment Project), kurz außerhalb der nordöstlichen Stadtgrenze von Kampala. Dort wurden den Gruppenmitgliedern etliche bahnbrechende Maßnahmen erläutert: das Herstellen von Lorena Stoves, Community Cooker für Schulen und Restaurants, Brikettherstellung, eine solare Brikett-Trockenanlage, ein solarer Brunnen, solare Warmwasser-Erstellung, Photovoltaik, Solarkocher verschiedener Bauart, Permakultur, etc. Eine Vorführung über die Erstellung und die Vorteile von Warmhaltekörben (Fireless Cookers) beendete den Besuch. Bei JEEP werden übrigens die Warmhaltekorb-Lehrgänge von Lernen-Helfen-Leben e.V. unter der Leitung von Esther Nattabi gelegentlich abgehalten.

Die Bilder zeigen: Einen holzsparenden Community Oven sowie Fireless Cookers von Esther Nattabi. Darunter: Vorführung der Fireless Cookers, einen „afrikanischen Kühlschrank“ sowie einen Lehmkocher der International Lifeline Foundation (ILF, Lira, Uganda) zusammen mit einem Designer-Kocher Typ Baba Moto.

Gefreut hat mich persönlich, dass der Kocher Baba Moto besonders löblich vorgestellt wurde, bin ich doch der Entwickler dieses Geräts, das in der demokratischen Republik Kongo, in Uganda und Kenia hergestellt wird.

Mittlerweile begannen unsere Füße zu schmerzen, aber es stand noch ein Besuch in einer Briketts herstellenden Firma an. Mit dem Großraumtaxi ging die Fahrt vorbei an den in Entwicklungsländern üblichen Müllsammler-Vierteln. Die Teilnehmer staunten nicht schlecht, denn ein blitzsauberes Werksgelände der Firma BoW (Best of Waste) wartete auf sie. Zunächst wurden die Briketts vorgestellt, die dort hergestellt werden. Einerseits sind sie als Stangenware erhältlich, die auf Gebrauchslänge gebrochen werden und in Einheiten zu 1 kg, 5 kg und 30 kg vertrieben werden. Zudem werden dort die großen Honeycomb-Briketts hergestellt, die eine sehr lange Brenndauer haben. Die niedrigeren brennen 4 Stunden, die höheren 6 Stunden. Damit können sämtliche traditionellen Kochvorgänge problemlos absolviert werden.

Das Grundmaterial aller Briketts ist gemahlene Holz- bzw. Pflanzenkohle. Wer sich jetzt aufregt, dass Holzkohle aus Holz gemacht sei und demzufolge eine Ressourcen-Verschwendung vorläge, der sei sogleich wieder beruhigt. Die Holzkohle wird aus Lebensmittel-Abfällen - zum Beispiel Bananenschalen - im werkseigenen Meiler karbonisiert. Diese Abfälle werden von in der Nähe ansässigen Müllsammlern aber auch von Großküchen angeliefert. Für die stangenförmigen Briketts ist eine in Uganda (nicht China) gefertigte Brikettmaschine angeschafft worden, die mit 240 Volt Wechselstrom betrieben wird. Die Honeycomb-Briketts werden hingegen paarweise manuell gepresst.Im Bild links sind ein niedriges und ein hohes Honeycomb-Brikett in jeweils einem passenden Holzkohle-Kocher zu sehen.

Die Brikett-Trocknungsanlage besteht aus einem Gewächshaus ähnelnden Zelt aus transparenter Folie, das mit einem kontrollierten Luftstrom durchflutet wird.

Tief beeindruckt, erschöpft und hungrig machten wir uns auf dem Heimweg zum Hotel, wo wir nach Einbruch der Dunkelheit ankamen. Nach Einnahme des Abendessen fanden wir uns zu einem Gruppenfoto zusammen.

Die Abreise der „Kenianer“ erfolgte am nächsten Tag nach einem Kurzbesuch der modernen Shopping Mall „Garden Village“. Alle waren voll des Lobes über die Organisation sowie das freundliche und mütterliche Wesen von Monika Grühn. Dem kann ich mich nur anschließen: sie ist trotz ihres unermüdlichen Voranstürmens und ihrer pragmatischen Vorgehensweise sehr liebevoll und zeigt stets, dass sie ein gutes Herz hat.

Zurück blieb ich mit Esther Nattabi und Ssembatya Mohammad, um das nun geteilte Programm in Uganda fortzuführen. Dies umfasste unter anderem die Planung der Herstellung des Lehmkochers Mama Jiko, die Fortführung der Werkstatt des metallenen Kochers AfroBasic und den Kontakt mit akkreditierten NGOs bezüglich der Versorgung der Flüchtlinge in den Siedlungen in Norduganda.

Im Laufe der Zeit schälten sich zwei typisch ugandische Eigenheiten heraus, die leider jeglicher ordentlichen Planung entgegen wirken:

  1. Ugander „vergessen“ bei der Abgabe von Planungsvorschlägen stets einige Details, um die Summe gering zu halten und nicht in Gefahr zu geraten, dass der Vorschlag abgelehnt wird. Im Laufe der Zeit werden Projekte immer teurer, weil anfangs zu wenig berücksichtigt wurde.
  2. Uganda ist ein Land, das der DDR sehr ähnelt. Anders als in Deutschland, wo alles erlaubt ist, was nicht verboten ist, verhält es sich in Uganda gegenteilig: alles was nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist verboten.

Behörden sind nicht dazu da, die Bürger zu schützen, sondern sie sehen ihre Hauptaufgabe darin, dem Volk größtmöglichen finanziellen Schaden zuzufügen. Wenn eine Firma angemeldet wird, ist erst einmal eine Anmeldegebühr fällig. Das heißt aber nicht, dass man mit der Arbeit beginnen kann. Nach Monaten erhält man dann die Genehmigung, die erneut einer Gebühr bedarf. Will man ein Firmenschild an der Tür anbringen, muss man wieder eine Genehmigung beantragen. Sobald die Genehmigung erfolgt, muss man die Gebühr bezahlen und darf das Schild anbringen. Gelegentlich taucht dann ein Polizeibeamter auf, der bemängelt dass das Schild zu breit, zu hoch oder sonst was sei und verlangt die Zahlung einer Strafe. So geht das tagaus, tagein.

Besonders hinderlich sind die Zolltarife, die völlig unverständlich sind. Der Import von vorgefertigten Stahlteilen ist mit 5% Zoll und 18% Einfuhrumsatzsteuer belegt. Der größte Teil der Wertschöpfung kommt demzufolge dem liefernden Ausland zugute, das in der Regel China oder Indien ist. Die Werkstätten in Uganda dürfen dann nur noch die Teile zusammenschrauben bzw. nieten. Ganz anders verhält es sich, wenn man etwas in Uganda herstellen lassen will, um dem Land ein bisschen Wohlstand zukommen zu lassen. Dann kosten die Stahlplatten nämlich 25% Zoll. Eine Fertigung in Uganda wird dann so teuer, dass die Erzeugnisse nicht mehr mit importierter Ware konkurrieren können.

Die Auflistung derartiger politischer und gesellschaftlicher Missstände könnten ein Buch füllen, was aber nicht Sinn dieses Berichts ist. Sie dient nur dazu, Spendern und Hilfswilligen in Europa zu verdeutlichen, dass es ein „mach das doch einfach so“ in Uganda nicht gibt.

Die von mir unter Mithilfe von zwei honorigen Spendern aufgebaute Werkstatt befindet sich in der Church to Church Road im Stadtteil Kamwokya, nordöstlich des Stadtzentrums von Kampala. Geleitet wird sie von der Studentin Esther Nattabi, die jahrzehntelange Erfahrung im Bau von Pyrolysekochern hat. Ihr Partner Ssembatya Mohammad, der sie seinerzeit bei Awamu Biomass Energy anlernte, hat noch früher mit dem amerikanischen Pyrolysekocher-Guru Prof. Paul Anderson den Kocher „Mwoto Stove“ gebaut und über ganz Uganda bis nach Kenia vertrieben. Die Leitung der Werkstatt, die unter dem Namen „UGwality - clean energy for all“ firmiert, untersteht demzufolge den besten Leuten, die man landesweit finden konnte. Zwei weitere versierte Arbeiter ergänzen die Mannschaft.

Die Werkstatt verfügt über eine Fläche von 6 mal 2,5 Metern, was einen Arbeiter zwingt, vor der Werkstatt zu arbeiten. Bei Regen drängen sich dann alle in dem kleinen Raum. Es sind noch Zwischenböden eingezogen, in denen die fertigen und halbfertigen Produkte gelagert werden.

Gearbeitet wird - wie überall in Afrika - auf dem Boden. Man sieht zwar überall Werktische, Abkantbänke oder ähnliche Errungenschaften der Zivilisation, die nach Verlassen der Mzungus (so nennt man die Weißen) aber schnell wieder auf die Seite geräumt werden. Der Chef Ssembatya Mohammed benutzt immerhin ein Ölfass als Arbeitstisch. Welch ein Fortschritt …

Da der Absatz von Holz sparenden und emissionsarmen Kochern des Typs AfroBasic sehr fluktuativ verläuft, werden in der Werkstatt auch große metallene Kisten gefertigt. Dadurch wird eine gewisse Kontinuität gewährleistet, damit mindestens die Löhne pünktlich am Monatsende bezahlt werden können.

Im Laufe der Gespräche und Erkundungen stellte sich heraus, dass die Kocher sehr gerne gekauft werden, aber es leider an Geld für Marketing-Maßnahmen fehle, um eine weite und beschleunigte Verbreitung über ganz Uganda in Gang zu setzen. Dies wären unter anderem der Druck von Handzetteln und anderem Werbematerial sowie die Beteiligung an sogenannten Trade Shows, die von Mal zu Mal in allen Städten Ugandas stattfinden. Die Leser dieses Berichts werden bei dieser Gelegenheit gebeten, sich mit finanziellen Mitteln zu beteiligen, um diesen Missstand auszuräumen damit einem kräftigen Aufschwung dieses Unternehmens nichts mehr im Wege steht.

 

Ansicht der Werkstatt von außen. Man kann erkennen, dass der Hinterbau sehr hoch konstruiert wurde, damit die Zwischenböden eingezogen werden konnten. Im Vorderhaus kann der hungrige Passant einige Snacks erstehen. Auf der Straße sind die Blechkisten ausgestellt, die in der Werkstatt gefertigt werden. Die Kocher, etwa 70 an der Zahl, befinden sich zur Zeit im halbfertigen Zustand und sind deshalb nicht ausgestellt.

Seit dem Beginn des Kocherbaus im vergangenen Herbst wurden etwa 200 Stück verkauft. Sollte es nicht gelingen, dem Verkauf einen kräftigen Schub zu verpassen, ist die weitere Fertigung gefährdet und ein Arbeiter muss entlassen werden. Das gilt es zu vermeiden.

Es wurden bereits im vergangenen Jahr Maßnahmen ergriffen, die Verkäufe anzukurbeln. Dies geschah mittels eines Besuches in den Flüchtlingssiedlungen in Norduganda. Allerdings war seinerzeit noch eine andere Werkstatt für die Lieferung der Kocher auserkoren, die im Herbst des vergangenen Jahres den Betrieb einstellte. Da die Kontakte zu den akkreditierten NGOs aufrecht erhalten wurden, konnten die Gespräche weitergeführt werden.

Es wurden seinerzeit 20 Kocher an die Flüchtlinge verteilt, damit sie diese testen und danach eine Bewertung abgeben konnten. Es stellte sich heraus, dass die Frauen diese Kocher liebten, weil sie äußerst sparsam das knappe Holz verbrauchten und im Betrieb nur sehr wenig Emissionen abgaben. Kurz: die Kocher AfroBasic rauchen fast gar nicht.

Die Verhandlungen stellten sich als sehr langwierig heraus. Die Flüchtlings-Koordinatorin wurde plötzlich schwanger und es kümmerte sich niemand mehr um diese Angelegenheit. Sämtliche damit befassten Personen und Organisationen sind nämlich finanziell so eingeschränkt, dass sie sich vorrangig um Projekte kümmerten, die rasch Geld bringen, statt sich um einen Abschluss der Kocherverteilungen Gedanken zu machen.

Dies wurde jetzt wieder beschleunigt. Ein Abschluss konnte vor meiner Abreise nicht mehr erreicht werden, die Eckpunkte stehen aber fest. Die Flüchtlinge werden befragt, wie viel sie gewillt sind, als Eigenanteil zu bezahlen. Die Differenz zu den tatsächlichen Herstellungs-, Transport- und Verteilungskosten wird durch einen in Deutschland zu startenden Fundraiser aufgebracht. Die akkreditierten NGOs ermitteln dann noch die Anzahl der zu liefernden Kocher. Dann steht einer raschen Produktion und Verteilung an die armen Kriegsflüchtlinge nichts mehr im Wege. Den Takt werden schließlich die Spenden aus Deutschland bestimmen.

Mein dreiwöchiger Aufenthalt näherte sich dem Ende zu. Glücklich, weil so viel erledigt werden konnte und traurig, weil so vieles arg lange dauert und nicht vervollständigt werden konnte. Da erreichte mich plötzlich die Nachricht von Millicent Anyango aus dem Landkreis Migori (südlich von Kisumu, Kenia, nahe der tanzanischen Grenze), dass sie mit ihrem Team problemlos einige Lehmkocher vom Typ Mama Jiko herstellen konnte.

Bei der Ausreise am 15. Febr. 2020 kam es am Flughafen Entebbe noch zu unschönen Szenen, weil die zu Forschungszwecken erhaltenen Briketts und Lavagestein-Muster konfisziert wurden.

Fazit: Wenn eine Frau und ein Mann gemeinsam ein Projekt angehen und betreuen ist mit mehr Erfolg zu rechnen. Daran kann es keinen Zweifel mehr geben. Deswegen bedanke ich mich bei meiner Kurzzeit-Gefährtin Monika Grühn in besonderem Maße, dass sie ihren Beitrag zum Gelingen leistete. Als Beispiel für ein optimales Projektmanagement sei auch das Ausbildungszentrum in Kiini am Mount Kenia genannt, das von Ingelore Kahrens und Hans-Georg Klaphake unter dem Schirm der Entwicklungshilfe-Organisation Lernen-Helfen-Leben e.V. geleitet wird. Besser geht es nicht.